UNTERNEHMENSVERKAUF IM MITTELSTAND TROTZ KRISE

Einer der interessantesten Unternehmer, den ich als Berater traf, meinte zu mir. „Krise gibt es nur im Kopf“. Wir saßen an einem breiten vergoldeten Couchtisch, im Hintergrund ein überdimensional anmutender, ebenso vergoldeter Schreibtisch.

Man kann über alles streiten. Dass die eigene Einstellung den wichtigsten Erfolgsfaktor ausmacht, halte ich allerdings für unbestritten.

Unstrittig ist auch, dass die Wirtschaft durch Phasen geht, in denen sie insgesamt unterschiedlich dynamisch wächst, oder vielleicht auch kontrahiert. Die in diesem Zusammenhang zirkulierten Daten begründen in breiten Bevölkerungskreisen Zuversicht oder Zurückhaltung.

Einschüchtern sollte das Schreckenswort „Rezession“ jedoch niemanden. Schon gar nicht Unternehmer.

Der erfolgreiche Unternehmer hebt sich gerade dadurch hervor, dass er nüchtern analysiert, bevor er einen Entschluss fasst und dem entscheidenden Schritt setzt. Wobei die Analyse idealerweise nicht Excel-, Powerpoint- oder gar Schlagzeilen-getrieben sein sollte, sondern sich aus jahrelanger Erfahrung und intimer Kenntnis des Marktes nährt.

Was auch für Seiteneinsteiger gilt, die in ihrem Leben mindestens eine sehr mutige Entscheidung getroffen haben.

Unternehmensverkauf und Unternehmensnachfolge in Boom-Phasen

Das Wort „Boom“ an sich ist, in der verallgemeinerten Form, relativ sinnfrei.

Wobei man immer nur aus der eigenen Erfahrung schöpfen kann. Die aus der Wirtschaftsgeschichte in Deutschland gerne als „Boom-Jahre“ angeführten 50 und 60er Jahre habe ich nicht erlebt. Den ersten Internet-Boom und das „Platzen der Dotcom-Blase“ um das Jahr 2000 sehr wohl, damals allerdings noch als Angestellter in einer relativ behüteten Position.

In den 15 Jahren, die ich in der M&A Beratung, in der Unternehmensfinanzierung, im Unternehmensverkauf (landläufig auch „Firmenverkauf“ genannt, wobei die Firma streng genommen eben nur die Firmierung ist)-, und in der Unternehmensnachfolge tätig bin, waren „Boom- und Krise“ immer Sektor-spezifisch und die Auswirkungen in einem hohen Ausmaß vom Unternehmer – Team abhängig.

Sukzessive durchlaufen verschiedene Branchen eine rasante Entwicklung, bzw., was in meinem Bereich ebenso wichtig ist, hohe Investoren-Nachfrage. Diese Zyklen können zum Teil relativ kurz sein, u.a. da sich Kosten-Positionen in diesem „boomenden“ Markt schnell verschieben können. Natürlich unterliegt das Nachfrageverhalten ebenso kurz- und langfristigen Schwankungen. Auch im B2B Segment, also dem Verkauf von Gütern und Dienstleistungen von Unternehmen zu Unternehmen. Beispiele sind digitale Konferenz-Lösungen in den Jahren 2020-2022 und die Einstellung von Unternehmen zu SaaS-Produkten, die aktuell (2024) eine Verschiebung zu erfahren scheint (und Einmal-Lizenzen vielleicht sogar eine Renaissance erleben).

Diesen Bereich könnte man Mikro-Faktoren, also das Unternehmen und dessen unmittelbares Umfeld betreffende Themen nennen. Darüber hinaus gibt es natürlich wichtige Makrofaktoren, wie die Leitzinspolitik der Zentralbanken, die Kreditfinanzierung sowohl auf der Seite operativ tätiger Unternehmen, wie auch für Käufer und Investoren, die die Übernahme – also den Unternehmenskauf – gerne mit einer Mischung aus Eigen- und Fremdkapital finanzieren, erleichtern – oder sehr erschweren können.

Wovon wenig gesprochen wird: ein Unternehmensverkauf im Mittelstand stößt stets auf mehr als eine Herausforderung. Die Gründe liegen meist mehr beim Unternehmen an sich, als in der Branche.

Sehr oft lassen sich diese Herausforderungen auf die Frage zurückführen: haben die Eigentümer ihre Hausaufgaben gemacht? Wobei es nicht an mir ist, irgendjemanden zu belehren, allerdings werden beim Unternehmensverkauf und ganz allgemein bei M&A – Prozessen und Transaktionen Schwächen schrittweise und zunehmend erbarmungslos offen gelegt. Dies beginnt mit den ersten kritischen, das Zielunternehmen betreffende Fragen der Käufer in Vorgesprächen, bis hin zur gelegentlichen „Entdeckung“ von absoluten „Deal-Breakern“ im Zuge der Due Diligence; möglicherweise Themen, zu denen das Unternehmen bereits einen längeren Zeitraum kein gutes Gefühl hatte und von denen man hoffte, dass diese vom Käufer als nicht allzu schwerwiegend eingeschätzt würden. Interessanterweise werden dabei Unsicherheiten viel eher in Kauf genommen, als Intransparenz. Und natürlich können die Folgen für den Verkaufsprozess sehr unangenehm sein. Ob Strategen oder Finanzinvestoren als Käufer auftreten spielt, was die Strenge der Due Diligence angeht, im übrigen keine Rolle.

Das führt zur ersten Schlussfolgerung, dass der „Boom“ an sich weniger ausschlaggebend ist, als wie die verschiedenen Marktteilnehmer innerhalb dieses Booms positioniert sind. Manche überdurchschnittlich gut, manche nicht so sehr. Analog gilt dies für Krisenzeiten.

Daher ist immer am wichtigsten, ob Unternehmen, administrativ, organisatorisch und strategisch „gut aufgestellt sind“, was im M&A Umfeld ein unglaublich hoher Anspruch sein kann. Und erst in zweiter Linie, wie es um Branche insgesamt bestellt ist. Was hoffentlich ermutigend klingt, denn die Gestaltung des Unternehmens liegt eher in der eigenen Hand, als die der gesamten Branche.

UNTERNEHMENSVERKAUF

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Unternehmensverkauf und Unternehmensnachfolge in einer Krise

Krisenzeiten und wie darüber berichtet wird,  beeinflussen Märkte selbstredend psychologisch und de facto. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand in einer depressiven Phase im Leben ein Unternehmen gründet, ist wahrscheinlich kleiner. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unternehmen trotz „Krise“ einen Großauftrag platziert, wohl auch.

Nun weiß ich nicht allzu viel über das Management und die Bewertung von Aktienfonds. Was ich aber für eine Binsenweisheit halte, ist, dass Fondsmanager nicht nach der Performance ihres Fonds ausgewählt werden (oder vielleicht doch – von Laien). Entscheidend ist vielmehr das sogenannte „Alpha“, also die Differenz zwischen der Performance des Fonds und der Performance des Marktes an sich.

Diesen Grundsatz lebe ich, ohne daraus sonst viele Worte zu machen, bei M&A -Transaktionen. Der Markt ist der Markt. Man kann sich bis zum Ende aller Tage über zu erwartende Leitzinsen oder die Konkurrenz aus China sorgen. Den Unterschied macht, wie man mit diesen Umständen umgeht.

Wie sieht das „Alpha“ meines Unternehmens aus, wie unterscheidet es sich von der Performance anderer Unternehmen meiner Branche? Das ist das Kriterium, nach dem Käufer Unternehmen (und Unternehmer) bewerten. Ob bei einer Unternehmens-Finanzierung, einem Unternehmens-Verkauf oder einer Unternehmens-Nachfolge. Nicht zuletzt, da die erfolgreiche Bewältigung von Krisenzeiten vermuten lässt, dass das Unternehmen in einer Boom-Phase um so ertragreicher wirtschaftet.

Im M&A-Kontext gibt es also gute Gründe, das eigene Unternehmen in den Fokus zu rücken, mit dem Markt und seinen Zyklen als Rahmenumständen. Das führt zu einem deutlich analytischeren Ansatz, der mit einfacher Umsatz und Gewinn – Entwicklung nur wenig zu tun hat und den manche Unternehmen aus dem Mittelstand scheuen. Immer aber wird man in der Diskussion mit einem Käufer und mit Investoren feststellen, dass sich eine hinreichend sorgfältige Aufbereitung von Unterlagen mit Unternehmens-eigenen Zahlen und der Geschichte mit Details, die in keinem Jahresabschluss stehen, als fast schon unendlich wertvoll erweist. Das sind keine Informationen, die Investoren sich mit den ihnen eigenen Methoden schnell beschaffen können. Anders als viele Marktdaten.

Eine Beratung kann in diesem Zusammenhang viel leisten, ist aber darauf angewiesen, dass Unternehmer verstehen, dass Unternehmen keine Immobilien sind, von denen man Bilder machen und zusammen mit einem Grundriss verkaufen kann.

Damit ergibt sich natürlich auch die Möglichkeit, die Diskussion zu leiten und die Aufmerksamkeit auf das für dem Verkäufer – und letztlich auch für den Käufer – Wesentliche zu lenken.

Und das Allerwesentlichste sind nicht etwa Marktzyklen. Sondern der Entwicklungszyklus des Unternehmens. Wer es mit Unternehmen zu tun bekommt, die eine längere Geschichte aufweisen, stellt wahrscheinlich fest, dass die Unternehmensentwicklung viel stärker durch eigene strategische Entscheidungen geprägt wurde, als durch die Abfolge von Boom- und Krisenzeiten. Mit Beispielen wie Investitionen in Produkte oder Märkte, die sich als glücklich oder weniger glücklich herausstellten. Woraus sich Unternehmens-eigene Auf- und Abschwünge ergeben. Unternehmen verkaufen sich während eines Abschwungs, der auf eine strategische Fehlentscheidung zurückzuführen ist, sicher wesentlich schlechter als während einer Rezession in der Branche. Mit Auswirkungen auf Unternehmensbewertung und Transaktions-Gestaltung (Asset Deal- vs. Share Deal).

Damit ist die Krise für Verkäufer noch lange keine Chance. Aber auch in der Krise können sich, was Unternehmenstransaktionen betrifft, nicht bloß Risiken sondern auch sehr gute Chancen ergeben.

Schlussfolgerungen
Die Auswirkung von Boom- und Krisenzeiten auf Branchen und Unternehmen sollen auf keinen Fall bagatellisiert werden. Selbstverständlich können diese verheerend bis beflügelnd wirken.

Gerade in der Nachfolgeplanung sollte – unter der Annahme, dass sich dieser Prozess über viele Reihe hinzieht – Konjunkturzyklen betreffendes Timing als Teil der Verkaufsstrategie und für den Erfolg mitentscheidend betrachtet werden. Der gute M&A Berater sagt hoffentlich an der richtigen Stelle: „lieber noch ein wenig warten“ (und in der Zwischenzeit gewisse Maßnahmen setzen).

Aber Konjunkturdaten lenken den Blick von der wesentlichen Frage ab. Die nach dem Unternehmen selbst. Der Käufer interessiert sich für das Schiff und nicht das Meer, auf dem es segelt.

In der Kürze können Tipps irreführend sein, jede Nachfolge und jeder Verkaufsprozess sind Projekte, die in ihrem eigenen, größeren Zusammenhang stehen. Das vorausgeschickt:

Unabhängig von Boom und Krise gilt es erstens immer, das Unternehmen in all seiner Komplexität so darzustellen, dass es von Dritten schnell verstanden werden kann. Was Vereinfachungen bedeutet, die allerdings nicht von Weglassungen kommen, sondern aus der Überlegung, wie Komplexität in der Darstellung reduziert werden kann. Was wiederum Arbeit bedeutet.

Unternehmen verkaufen sich zweitens besser, wenn man aufzeigt, dass gute Performance eher auf kluge, eigene Entscheidungen zurückzuführen ist, als auf günstige Marktumstände. Letztere locken nur mehr Wettbewerber an, was selten Freude bereitet. Idealerweise – aber dazu gehört dann auch eine gute Portion Glück – kann man das Unternehmen dann zum Kauf oder Nachfolge anbieten, wenn beides zusammenkommt: die Früchte sinnvoller Entscheidungen und Frühlingsluft aus dem Markt.

Beides zusammen verleiht der Konkurrenz zwischen Käufern, dem Unternehmenswert und dem Kaufpreis bei der Abgabe des Lebenswerkes ganz sicher Auftrieb.

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