Zu niemandes Überraschung pflegen Berater ein gesundes Konkurrenzverhältnis. Mit Ausnahmen, die man schätzen lernt.
In Teil 1 dieses Artikels war davon die Rede, dass es gute Gründe gibt, die Verhandlungen zur Finanzierung oder dem Verkauf des eigenen Unternehmens dem jeweils beauftragten M&A Berater anzuvertrauen und diesen nicht etwa als Partner zu verstehen, der Transaktionen nur anbahnt. Dieser Blick auf die Dinge soll in diesem kurzen Aufsatz etwas erweitert werden. Dabei wird vornehmlich von „Unternehmensverkauf“ die Rede sein, da für diese Zwecke Eigenkapital-Finanzierungen als ähnlich genug angesehen werden können. In beiden Fällen werden meistens Gesellschaftsanteile verkauft, wenn diese bei Eigenkapital-Finanzierung auch meist neu geschaffen werden.
Unternehmenstransaktionen sind keine mit dem Verkauf einer Privatimmobilie vergleichbare Projekte. Um einen Grund dafür herauszugreifen: eine Augenblicksaufnahme, eine Zustandsbeschreibung, wie etwa bei Gutachten, ist bei einer Wohnimmobilie sicher interessant genug. Bei einem Unternehmen jedoch – und obgleich der „Zustand“ anhand einer aktuellen betriebswirtschaftlichen Abrechnung (BWA) ebenso näherungsweise vermittelt werden kann – ohne Vorjahresvergleich und einige Jahre in die Vergangenheit zurückreichende Jahresabschlüsse sehr überschaubar, was den Informationsgehalt angeht. Als hätte man ein Rennpferd im vollen Galopp fotografiert. Über die Performance im Wettbewerb sagt das wenig aus.
Diese Leistungsfähigkeit und künftige Potenziale eines Unternehmens zu veranschaulichen und zu vermitteln, geht mit einigem Aufwand einher. Der Käufer wiederum benötigt seine Zeit, um diese Information zu rezipieren und zusammen mit den maßgeblichen Organen schrittweise zu verarbeiten und zu beurteilen. Was letztlich der Grund dafür ist, warum Transaktionen in Phasen ablaufen, die mit zunehmender Bereitschaft der Parteien, das betreffende Geschäft miteinander abzuschließen, einher gehen.
Nun kann vom M&A Berater einiges erwartet werden, die Aufbereitung von Unternehmensdaten und Darstellung in Präsentationen ebenso, wie die Ansprache von Investoren, Moderation der sogenannten Managementgespräche, damit die Vorbereitung der eigentlichen Verhandlungen, bis zur maßgeblichen Unterstützung der finalen Verhandlungen selbst. Wie sieht es aber mit den rechtlichen Aspekten der Transaktion aus?
Vorhang auf für den Gesellschaftsrechtler unter den Juristen. Jene Art von Berater, die mit einem Corporate Finance Consultant ideal harmoniert.
Je nach Ihrer Vorgeschichte werden Sie sich ein Bild vom Berufsstand des Rechtsanwalts gemacht haben. Das ist nun eine Gelegenheit, dieses Bild zu ergänzen. Selbstverständlich sind in Großkanzleien eingebundene Anwälte nicht von pro-bono Gedanken getrieben, aber Sie gewinnen mit einem erfahrenen Anwalt im Transaktionsteam eine Persönlichkeit mehr, die Ihnen hilft, die vielen, im Zuge einer Transaktion zu treffenden Entscheidungen aus unterschiedlichen Perspektiven, dazu sogleich mehr, sorgsam abzuwägen.
Je nachdem, wie eine Transaktion ausgestaltet ist, können schon die Vorbereitungen deutlich komplexer ausfallen, als die oben angedeutete Analyse und Darstellung des zu verkaufenden oder finanzierenden Unternehmens („Targets“) im Marktumfeld. So können im Rahmen einer Vendor Due Diligence (also einer breiteren Prüfung des Unternehmens durch eine dritte Partei im Auftrag des Verkäufers) Stärken und Schwächen proaktiv ausgeleuchtet werden. Oder der rechtliche Berater analysiert vorab insbesondere die Vertrags- und Schutzrechts-Situation des Unternehmens, um vor einer Transaktion Schwachstellen zu beseitigen – vielleicht aber auch schlicht, um diese „wunden Punkte“ bei der späteren Verhandlung der Verkäufergarantien besser präsent zu haben. Hier ist das verkaufende respektive finanzierende Team tatsächlich gut beraten, die eigene Situation sachgerecht einzuschätzen und solche vorbereitenden Schritte zu erwägen.
Beide Konstellationen erscheinen mir jedoch als Sonderfälle. Lassen Sie uns daher lieber eine Transaktion betrachten, in der keine Vendor Due Diligence stattfand (eben, weil alles „sauber“ erschien), die verkaufenden Gesellschafter zusammen mit dem M&A Berater die ersten Schritte eigenständig gesetzt haben und Verkäufer als auch Käufer/ Investor in Richtung eines „LOI“ (womit das „Letter of Intent“ gemeint ist) tendieren. Was passiert dann?
Sicher hat der M&A Berater die Verkäufer in Vorbereitung auf diese Projektphase. wenn nicht schon zu Beginn des Projektes – darauf aufmerksam gemacht, dass eine Unternehmenstransaktion ohne rechtliche Beratung keine wirklich gute Idee ist und mit ggf. passenden Rechtsanwälten bereits Kontakt aufgenommen. Diese unterzeichnen direkt mit den Verkäufern eine Mandatsvereinbarung. Ab diesem Zeitpunkt kann der Verkäufer also auf einen dezidierten „Finanzberater“ als auch einen „Rechtsberater“ zugreifen.
Warum die Anführungszeichen? Weil die beiden Berater sich in ihren Kompetenzen ergänzen und diese Bereiche miteinander verschränkt sind. Können Sie sich im Zuge eines Unternehmensverkaufs eine Vertragsklausel vorstellen, die rein rechtliche und keine wirtschaftliche Relevanz aufweist? So betrachtet sind Rechte hier fast immer auch wirtschaftliche Werte.
Spätestens ab dem Zeitpunkt des bevorstehenden LOI bietet es sich an, den Rechtsanwalt umfassend über den aktuellen Stand der Gespräche zu unterrichten, auch wenn noch gar kein rechtlich bindendes Dokument diskutiert wurde. Was bedeutet hier „umfassend“?
Nun, zum einen ist es auch für den Rechtsanwalt und den weiteren Verlauf wirklich wichtig, zumindest grob über das Geschäftsmodell des verkaufenden Unternehmens und aktuelle betriebswirtschaftliche Eckdaten im Bilde zu sein. Denn diese werden sich auf den Kaufvertrag auswirken.
Dabei – weiter oben war von der Momentaufnahme eines Pferderennens die Rede – kommt es nicht nur auf die Gegenwart an, sondern unbedingt immer auch auf die Zukunft. Aus dem Kaufvertrag resultierende Zahlungen könnten von der künftigen Entwicklung des Targets abhängig gemacht werden. Damit unterliegen künftige Zahlungen möglicherweise einem Risiko, sind also nicht sicher. Um solche Unsicherheiten im endgültigen Vertragswerk in einem erträglichen Rahmen zu halten, ist es sinnvoll, auch diese Informationen mit dem Rechtsanwalt zu teilen.
Dazu kommt natürlich: auch auf Seite des Käufers agiert ein Verbund von Parteien, bestehend aus den Beratern des Käufers, seinen Gesellschaftern und dem unmittelbar und mittelbar mit den Verhandlungen betrauten Management. Das Geschäftsmodell des Käufers kann außerdem maßgeblich für die Synergien sein, die sich der Käufer aus dem Kauf oder der Finanzierung des Targets erhofft.
All diese Parameter und Elemente haben an sich noch nichts mit Klauseln und Pönalen zu tun, sollten aber vom beauftragten Rechtsanwalt aus meiner Sicht zumindest in den Grundzügen verstanden werden, um der Gesamtsituation gerecht zu werden.
Geht es an das Aufsetzen eines LOI, werden Kaufpreisvorstellungen und bestimmte Nebenbedingungen bereits genauer diskutiert worden sein. Aber erst alle obigen Informationen zusammengenommen, das Zielunternehmen, der Käufer, die handelnden Personen, ermöglichen es dem Rechtsanwalt, das LOI nicht bloß als unverbindliche Formalie auszugestalten, sondern als den Meilenstein innerhalb der Transaktion, der es sein sollte.
Der Zeitraum nach einem LOI wird gerne genutzt, um zwei Prozesse parallel zu verfolgen. Einerseits macht man in dieser Phase nähere Bekanntschaft mit den Beratern des Käufers die sich um die („Buyer“) Due Diligence kümmern und zum anderen dient dieser Zeitraum der Vorbereitung des finalen Kaufvertrages. Immer vorausgesetzt, dass beide Seiten ausreichend Vertrauen in ein positives Ergebnis der Due Diligence haben.
Damit soll auch gesagt werden, dass es natürlich Abhängigkeiten zwischen dem Verlauf der Due Diligence und der Erstellung des Kaufvertrages gibt. So möchte niemand in eine Kostenfalle laufen, also feststellen, dass teils beträchtliche Gebühren auf unterschiedlichen Ebenen ggf. umsonst investiert wurden. Einer der vielen Gründe dafür, dass bei Transaktionen eine Sorgfaltspflicht herrscht, die für viele das bislang Gewohnte übersteigt.
Aber die Verflechtung zwischen rechtlichen, finanziellen und anderen Sachthemen geht auch darüber hinaus und erfordert Erfahrung aus verschiedenen Bereichen, fortlaufende interne Zwiesprache und Diskussion.
So kann der Käufer für sich urteilen, dass die Due Diligence (DD) Tatsachen offengelegt hat, die aus seiner Sicht eine Anpassung des bereits vereinbarten Kaufpreises oder bestimmter Nebenbedingungen rechtfertigen. Gleichzeitig lassen Fragestellungen des Käufers im DD Prozess Rückschlüsse auf Sensibilitäten zu – was ist ihm besonders wichtig, was wird eher unkritisch betrachtet? Dieses neue Verständnis des Käufers kann sich in späteren Verhandlungsrunden als wertvoll herausstellen.
Am Ende einer Prozessphase, in der eine stattliche Anzahl von Due Diligence Fragen beantwortet und wahrscheinlich mehr als ein Kaufvertrags-Entwurf ausgetauscht wurden, liegt ein Vertrag mit einer langen Reihe von Anhängen und Anlagen vor. Daraus gehen in der Regel initiale Zahlungen hervor, die bereits an Bedingungen geknüpft sein können – aber nicht müssen, erwähnte, variable Folgezahlungen, und rechtlich/ wirtschaftliche Konsequenzen bestimmter Ereignisse.
Dieses Konvolut kann immer nur in der Gesamtschau beurteilt werden, eine Trennung rechtlicher von wirtschaftlichen Fragen ist möglich, aber nicht sinnvoll, wie es auch in einem anderen Zusammenhang so schön heißt.
Wenn also im eingangs erwähnten Artikel diskutiert wurde, welche Rolle dem M&A Berater im entscheidenden Verhandlungsprozess zukommen kann, so sei hiermit hervorgehoben, dass Transaktionen immer Teamleistungen sind. Es ist immer die gedankliche Leistung und Expertise mehrerer Parteien, die zum Erfolg führt. Hier am Beispiel der Zusammenarbeit des M&A Beraters mit dem auf Transaktionen spezialisierten Rechtsanwalt. Dass mit der Professionalität, der Besonnenheit und dem Vertrauen des Verkäuferteams in die Berater alles steht und fällt, muss nicht erst hervorgehoben werden. Das ist von vornherein klar.