M&A FRAMEWORKS IM MODERNEN ALLTAG

In M&A- Prozessen und Diskussionen unter erfahrenen Marktteilnehmern werden Unternehmen auf eine sehr logische Art diskutiert, die Widersprüche oft früh aufdeckt.

Gerne hangeln sich die Diskutanten dabei an bestimmten „Frameworks“, damit Blaupausen für Analysen entlang. Ein aus meiner Sicht besonders fruchtbares Framework zur Analyse von Unternehmen sind Wertschöpfungsketten, also Prozess-Abfolgen, die eben diese „Workflows“ ebenso veranschaulichen, wie sie zeigen, ob und in welchem Maße Unternehmen zur Wertschöpfung, im Sinne von Wertsteigerung von Produkten und Dienstleistungen, die sie vertreiben, beitragen. Anhand von Wertschöpfungsketten lässt sich etwa auch veranschaulichen, welche Prozesse intern abgebildet werden und welche, unter welchen Risiken, extern. Eine beliebte Darstellung findet sich hier

Damit machen Wertschöpfungsketten Unternehmen und deren Abläufe oft erst transparent und sind ebenso geeignet, Besonderheiten aufzuzeigen. Ein Beispiel sind ansonsten vollständig digitale E-Commerce Unternehmen, die Prozesse – wie etwa die Personalisierung von Konsumgütern – autonom abwickeln und damit eine gewerbliche Schnittstelle aufweisen. Das wiederum kann einen klaren Wettbewerbsvorteil ggü. Konkurrenten darstellen, die solche Verfahren auslagern. Dieses gleiche Framework ist leicht erweiterbar, um Lieferketten und Absatzkanäle genauer zu betrachten. Daraus ergibt sich dann ein fast schon geschlossenes Bild von Prozessen und Abläufen, die in einem hohen Maße dazu beitragen, Unternehmen zu „begreifen“.

Naturgemäß haben die Darstellungsmöglichkeiten von Wertschöpfungsketten ihre Grenzen, überspitzt ausgedrückt, trägt man bei deren Betrachtung quasi Scheuklappen. Gleichzeitig gibt es durchaus Frameworks, die die Rundumschau schärfen, wie das 5-Forces Modell, zu finden etwa hier

Ferner könnte man über Frameworks sagen, dass damit komplexe Umstände unzulässig vereinfacht werden. Dann wiederum sind diese Modelle bei weitem nicht so trivial, wie sie auf den ersten Blick scheinen, insbesondere nach Erweiterungen und Berücksichtigung von Unternehmens-typischen Besonderheiten. Vielleicht bringen sie einen – und darin allein liegt für den Unternehmer sicher oft ein Mehrwert – auf Gedanken und Einsichten, die man so zuvor nicht hatte. Entsprechend ist es jedenfalls sinnvoll, über die eigene Organisation anhand dieser beiden Frameworks nachzudenken, bevor man mit einem potenziellen Investor oder Käufer spricht. Beide mögen für das jeweilige Geschäftsmodell nicht ganz passend erscheinen, aber der erfahrene Investor tastet diese Bereiche im Gespräch stets ab.

Zur Veranschaulichung könnte man diese beiden Frameworks nun auf ein fiktives Unternehmen anwenden, um dieses im ersten Schritt allgemeiner zu diskutieren, oder, spezieller, zu bewerten, wie es etwa um die Aussage „unser Geschäftsmodell ist frei von Risiken und wir haben keine Wettbewerber“ bestellt ist.

Man kann aber auch zu einem Thema wechseln, das noch mehr Menschen vertraut ist. Zum Beispiel die mit „Nachhaltigkeit“ beworbene Elektromobilität. Dabei ist Nachhaltigkeit natürlich ein breiter – und sich nicht primär um Umwelt oder gar nur um C02 Ausstoß drehender – Begriff, wie dieser Beitrag veranschaulicht. Vielmehr beinhaltet Nachhaltigkeit nach dem sogenannten „3 Säulen Modell“ sowohl ökologische als auch ökonomische und soziale Komponenten. Damit ist auch sofort klar, dass die allererste Frage jene nach der Gewichtung dieser Säulen sein muss, und es damit über ein komplexes politisches, tief in individuellen Wertvorstellungen verwurzeltes Thema geht. Und nicht über einen definierten, heute schon dem gesellschaftlichen Konsens unterliegenden Begriff. Wikipedia zu zitieren gilt als unfein, aber selbst dort wird diese Problematik nicht ignoriert

Wenn Nachhaltigkeit in der öffentlichen Diskussion mit Ökologie gleichgesetzt wird, ist dies also eine Beschränkung auf einen Teilbereich, die uns hier allerdings hilft. Denn unser Thema sind ja vorerst Wertschöpfungsketten und hier kann eine Vereinfachung zur Veranschaulichung hilfreich sein.

Als zu diesem Thema in Ansätzen geschulter, würde man das Adjektiv „Nachhaltigkeit“ von Elektromobilität zunächst an den Ressourcen bemessen, die für Komponenten benötigt werden. Wie werden zu deren Herstellung erforderliche Materialien gefördert und wie über welche Lieferstrecken transportiert? Wie sieht der Produktions- und sodann der Distributionsprozess des eigentlichen, gleich welchen, fahrbaren Untersatzes aus? Unter welchen Bedingungen, unter Einsatz welcher Energien und Generierung welcher Emissionen wird (wo) produziert und über welche Absatzkanäle vertrieben? Mit welcher, wie eigentlich genau generierter und aus welchen Netzen stammender Energie wird das Vehikel geladen und betrieben? Welche Ladeinfrastruktur ist dafür von Nöten und unter welchen Ressourcen nur aufbau- und instandhaltbar? Welche Lebensdauer hat der Untersatz, bzw. dessen Komponenten, mit welchen Serviceintervallen muss gerechnet werden, mit welchen Aufwendungen und unter welchen Risiken können diese nur entsorgt werden?

Bei diesen Fragen könnte sich herausstellen, dass man über den Lebenszyklus von – in diesem Beispiel „elektromobilen“ – Produkten vielleicht nicht soviel weiß, wie man wissen müsste, um diese unter dem Aspekt der „Nachhaltigkeit“ einschätzen zu können. Wobei wir uns hier wie erwähnt auf den ökologischen Aspekt beschränkt haben und obige Anmerkungen wahrscheinlich nur die Spitze des Eisbergs abdecken.

Wer sich mit dem 5-Forces Framework vertraut gemacht hat, würde in Ergänzung dazu immerhin fragen, welche Abhängigkeiten im Zulieferprozess entstehen können, wie Substitute, also mögliche Ersatzlösungen, unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte, einschließlich der Lebensdauer von Alternativen einerseits und der gegenständlichen Lösung andererseits abschneiden und was Kunden wollen (sofern Kunden noch eine Wahl haben). Womit wir hier, zugegeben, mindestens zwei ökonomisch/soziale Punkte angeschnitten haben.

Um dann, und erst dann, zu beurteilen, ob das Prädikat (ökologisch) „nachhaltig“ vergeben werden sollte.

Oder dieses ähnlich zu beurteilen ist, wie die Aussage: „unser Geschäftsmodell ist ohne Risiken und wir haben keine Wettbewerber“.

Aber natürlich sind diese Themen deutlich komplexer als der abgrenzbare Bereich, das Unternehmen und dessen Umfeld nämlich, der uns in M&A Prozessen interessiert. Umso wichtiger, dass hier schon zu Beginn schnell Transparenz und gegenseitiges Verständnis hergestellt wird, wozu die Kenntnis auch einfacher Frameworks, auf beiden Seiten, einen großen Beitrag leisten kann.