UNTERNEHMENSWERT UND UNTERNEHMENSWE­RTRECHNER

Vermehrt findet man auf Webseiten Unternehmenswertrechner, in letzter Zeit natürlich auch gerne „KI gestützt“, die dem Unternehmensverkäufer einen ersten validen Eindruck zum Wert seines Unternehmens vermitteln sollen.

Verkaufende Gesellschafter versprechen sich davon eine Abschätzung des bei einer Transaktion erzielbaren Erlöses. In jedem Fall gelangen dahinterstehende Berater so an die Kontaktdaten potenzieller Verkäufer.

Aber wie brauchbar sind die Ergebnisse von „Unternehmenswertrechnern“, egal ob diese von menschlichen Mitarbeitern validiert und kommentiert werden.

In Folge sollen einige der Argumente für und wider Unternehmenswertrechner reflektiert werden.

Wert ungleich Preis

Dass der Unternehmenswert sich vom bezahlten Kaufpreis unterscheidet, wird den meisten Gesellschaftern bewusst sein. Die in der Praxis gängigsten Ansätze für die Ermittlung des Unternehmens zielen auf den Brutto-Unternehmenswert ab, also Wert des Eigenkapitals des betreffenden Unternehmens zzgl. Wert des Fremdkapitals. Davon ausgehend, dass Käufer die Verbindlichkeiten des „Targets“ übernehmen, bekommen die Altgesellschafter regelmäßig nur den Restwert ausbezahlt. Darüber hinaus sind bei der Ermittlung des zu zahlenden Kaufpreises auch der Bestand an Barmitteln und Working Capital Themen zu berücksichtigen.

Diese wenigen Anmerkungen lassen schon darauf schließen, dass Wert und Kaufpreis ggf. erheblich voneinander abweichen können.

Gleichzeitig sei davon ausgegangen, dass dieser manchmal feine und manchmal grobe Unterschied zwischen Wert und Preis in der Kommentierung der Ergebnisse von Unternehmenswertrechnern durch die jeweiligen Berater berücksichtigt werden. Letztlich ist das ein rein finanztechnisches Thema.

Wettbewerb zwischen Käufern

Auch leuchtet es den meisten Verkäufern ein, dass „Gerangel“ (wie man im Süden sagt) um ein Unternehmen dazu führen kann, dass sich Käufer gegenseitig überbieten und so die ursprünglichen Erwartungen übertroffen werden.

Dieser Fall kann eintreten. Genauso wahrscheinlich ist, dass eine Reihe von Käufern „pokern“ und bewusst niedrigere Angebote einbringen, als dies dem Marktwert des Unternehmens entspräche.

Entsprechend sollte man mit einem positiven Wettbewerb zwischen Käufern ebenso rechnen wie mit negativem Wettbewerb und nicht unbedingt darauf bauen, dass Apple und Alphabet oder Deutsche Post und Kühne und Nagel um den Zuschlag wetteifern.

Dies ist als erster Hinweis darauf gemeint, dass die Dynamik des Verkaufsprozess – und damit ein relativ schwierig einzuschätzender Faktor – erhebliche Auswirkungen auf erzielbare Unternehmenswerte und -Preise haben können.

Umso wichtiger ist es, auch für solche Situationen gewappnet und gut vorbereitet ins Rennen zu gehen.

Synergiepotenziale

Während Wettbewerb zwischen Käufern eintreten kann, aber eben nicht muss, haben Synergiepotenziale stets eine erhebliche Auswirkung auf Unternehmenswerte und -Preise.

Synergien kann man sich als ineinandergreifende Zahnräder vorstellen. Nicht alle Zahnräder greifen gleich gut ineinander.

Synergien entscheiden darüber, ob ein Unternehmen sich überhaupt zu einem ernsthaften Käufer-Kandidaten entwickelt. Und ebenso, wie ausgeprägt das Interesse des Käufers ist.

Was natürlich ausschlaggebendste Kriterium für den Kaufpreis ist.

Synergien kommen in Kaufpreis-Verhandlungen also immer zum Tragen. Die genauen Gründe für die angestrebte Transaktion müssen zwar nicht nicht in aller Deutlichkeit ausformuliert werden. Auch möchte man glauben, dass der Käufer im Gegenteil taktisches Interesse daran hat, die genauen Motive für sich zu behalten. Gleichzeitig ist die Übernahme insbesondere innovativer Unternehmen für etablierte Marktteilnehmer regelmäßig ein auch riskanter Schritt. Denn die Integration kann sich um so schwieriger gestalten. Daher wird sich der Käufer in den Vorgesprächen und der Due Diligence in vieler Hinsicht gut informieren und absichern wollen. Damit werden Synergiepotenziale oft sehr transparent, mit zunehmender Dynamik in Erwartung der Partnerschaft diskutiert.

Allerdings besteht der konkrete Wert von Synergien in einer Steigerung von Umsätzen oder einer Senkung von Kosten auf Seiten des Käufers. In diese Wertpotenziale wird man als Verkäufer ohne sehr genaue Kenntnis der Betriebswirtschaft des Verkäufers und seiner Wertschöpfungsketten wenig Einblick haben.

Und damit eben so wenig in den Verhandlungsspielraum des Käufers.

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Art, Größe und strategische Motive des Käufers

Man möchte glauben, dass die größten und finanzstärksten Unternehmen den höchsten Kaufpreis bezahlen. Bezogen auf das Transaktionsgeschehen rund um kleine und mittlere mittelständische Unternehmen ist das allerdings nicht unbedingt der Fall.

Zum einen bekommen die größten Käufer im Markt die meisten Angebote und können es sich erlauben, wählerisch zu sein. Zum anderen ist der Handlungsdruck für einen bereits dominierenden Player, ein KMU oder sich gut entwickelndes Startup zu kaufen, überschaubar.

Andererseits muss ein Käufer selbstverständlich eine gewisse Substanz aufweisen, um die Übernahme nennenswert großer Unternehmen stemmen zu können, sei es mit eigenem, sei es mit geborgtem Kapital.

Auch für potenzielle Käufer gibt es also eine optimale Größe. Denkt man Gremien und Entscheidungsprozesse, ist auch sofort klar, dass diese nicht ohne Einfluss auf die gesamte Transaktion bleibt.

Unterschiedliche Käufertypen, womit hier strategische Investoren vs. Finanzinvestoren gemeint sind, bevorzugen zudem verschiedene Transaktionsstrukturen, deren Auswirkung auf den tatsächlich ausbezahlten Kaufpreis, auf den es letztlich ankommt, sehr erheblich sein können.

Transaktionsstrukturen

Transaktionsstrukturen gehören zu den am wenigsten bekannten, und doch für das Transaktionsergebnis wichtigsten Ecksteinen eines jeden Unternehmensverkaufs.

Bei Transaktionsstrukturen geht im Kern u.a. darum, wieviel Bargeld zum Zeitpunkt der Transaktion ausbezahlt wird, welche anderen Gegenleistungen der Käufer einbringt und wann, bzw. unter welchen Bedingungen diese ggf. erbracht werden.

Finanzinvestoren präferieren in letzter Zeit – bei aller Flexibilität – Rückbeteiligungen. Nach diesem Modell bringt der Verkäufer einen gewichtigen Teil des Transaktionserlöses in die Gesellschaft ein, die das betreffende Unternehmen kauft.

Erst durch den Verkauf dieser neuen Holdinggesellschaft, wobei natürlich eine deutliche Wertsteigerung angestrebt ist, wird der eingebrachte Anteil wieder liquide.

Sonstige Umstände der Transaktion

Nicht zuletzt kann der Käufer den verkaufenden Gesellschaftern auch anbieten, weiter beschäftigt zu bleiben. Ggf. zu deutlich besseren Konditionen oder mit der Aussicht auf Karriereentwicklung im größeren Unternehmensverbund.

Auch kann das Maß der Einbindung des Unternehmens in eine größere Struktur sowohl Umsätze als auch Kosten beeinflussen. Das wiederum ist mit ausschlagebend für die Erreichbarkeit etwaiger Earn Out – Ziele.

Jeder der genannten Umstände kann den erwarteten Kaufpreis vollständig relativieren – oder auch auf eine ganz andere Ebene heben. Unternehmenswerte und davon abgeleitete Kaufpreise anzudiskutieren ist daher, insbesondere für Gesellschafter, die noch keine Transaktionserfahrung haben, sinnvoll. Auf den Verlauf der Transaktion und die Gespräche sollte man dennoch gespannt bleiben.

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